LWL-Museum für Kunst und Kultur/Portraitarchiv Diepenbroick

Freiheit in der „demokratischen Monarchie“

Benedikt Waldeck

31.07.1802 - 12.05.1870

Als gläubiger Katholik absolvierte er eine steile Karriere im preußischen Staatsdienst, bekannte sich zum Prinzip der Volkssouveränität, strebte nach der konstitutionellen Monarchie, galt als „Kopf der preußischen Demokraten“. Benedikt Waldecks Biographie kennzeichnen Widersprüche, die sein konsequentes Eintreten für Verfassungsstaatlichkeit und demokratische Reformen eint.


Franz Leo Benedikt Waldeck wuchs im westfälischen Münster auf. In seinem aufgeklärt-katholischen Elternhaus lernte er die Ideen der Französischen Revolution und die Modernisierungsleistungen napoleonischer Herrschaft kennen, während er zugleich die preußische Besetzung Münsters in den Befreiungskriegen ablehnte. Dennoch erkannte Waldeck in Preußen den Motor gesellschaftlichen Fortschritts. Nach einem Studium der Rechte trat er auch aus diesem Grund, trotz musischer Begabung, 1822 in den preußischen Justizdienst ein. Bis 1830 hegte Waldeck Zweifel am demokratisch-revolutionären Gedanken und lehnte „das Prinzip der Freiheit und Gleichheit aller in der bürgerlichen Welt“ ab.

Während der Julirevolution von 1830 lernte Waldeck jedoch das Werk des französischen Theologen Félicité de Lamennais kennen. Zwar teilte Waldeck dessen Forderung nach einer Republik nicht, aber begründete Lamennais Vereinigung von katholischer Lehre und liberalen Prinzipien Waldecks Eintreten für die Idee der Freiheit. Sie bildete den zentralen Aspekt Waldecks gesamter juristischer Laufbahn, die ihn bis an das höchste Gericht Preußens führte. So wandte er sich gegen das westfälische Erbfolgegesetz, das er als Überrest feudaler Ungerechtigkeit kritisierte, weil es gegen die Interessen von Landwirten die Unteilbarkeit ihres Grundeigentums vorschrieb. Auch versuchte Waldeck 1843 auf einer Juristenversammlung einen Berufsverband der Richter zu gründen. Diesen wollte er als Ausgangspunkt für Rechtsreformen nutzen, etwa um die Gerichtsbarkeit von Grundherren über ihre Untertanen zu beenden.

Die Forderung weitreichender personeller und institutioneller Reformen in Staat, Recht, Wirtschaft, um den zukünftigen Verfassungsstaat als „demokratische Monarchie“ mit Leben zu füllen, kennzeichneten Waldecks politische Haltung als 1848 in die Preußische Nationalversammlung gewählter Abgeordneter. Als Mitglied verschiedener Kommissionen fasste er den Regierungsentwurf der künftigen Verfassung in Fragen der Grundrechte, dem Ende ständischer Vorrechte und dem Legitimationsprinzip der Volkssouveränität völlig neu. Zugleich lehnte er eine zweite Kammer als nicht effektiv ab. Auch blieb Waldeck der Vorstellung verhaftet, das Parlament stimme Gesetzen zwar zu oder lehne sie ab – aber die Regierung sei ihm letztlich nicht verantwortlich. Der König werde den „Volkswillen“ des Parlaments durchsetzen.

An dieser Stelle irrte Waldeck und unterschätzte die gegenrevolutionären Kräfte. Er selbst wurde verhaftet, aber freigesprochen, weil sich die Anschuldigungen als völlig haltlos herausstellten. Auch wenn nach dem Scheitern der Revolution eine Verfassung verabschiedet wurde, der jene für diese Zeit radikaldemokratischen Regelungen fehlten – das Verfassungsdenken in Preußen und später im Deutschen Reich blieb seitdem von der Handschrift Waldecks geprägt. Als Benedikt Waldeck 1870 starb, sollen mehrere hunderttausend Menschen, Arbeiter, Bürgerinnen, Parlamentarier seinen Trauerzug gebildet haben.