Bundesarchiv, B 145 Bild-F078072-0004 / Katherine Young / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 DE / CC BY-SA 3.0 DE

Patriarch im demokratischen Aufbruch

Konrad Adenauer

* 05.01.1876 in Köln † 19.04.1967 in Rhöndorf

Adenauers bedeutendste Stunde schlug, als er bereits 73 Jahre alt war: Am 15. September 1949 wurde er erster Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Wie keine andere politische Person prägte Adenauer mit seiner „Kanzlerdemokratie“ den gesellschaftlich-politischen Neuanfang nach 1945. Der Stabilität der neuen Demokratie ordnete er vieles unter.


Von der Ausbildung her Jurist, begann Konrad Adenauers politische Karriere 1906 in der Kölner Kommunalpolitik, in der er es 1917 bis zum Oberbürgermeister brachte. In seiner 16-jährigen Amtszeit engagierte er sich als Förderer von Wirtschaft, Kultur und Bildung in der Stadt. Als Politiker der katholischen Zentrumspartei kam Adenauer schon in der Zeit der Weimarer Republik zu überregionalem Einfluss. Seine Stellung nutzte er, um in katholisch-konservativen Kreisen für die demokratische Republik zu werben. Dem damaligen Zeitgeist entsprechend, glaubte auch Adenauer an einen Zivilisierungsauftrag des deutschen „Kulturvolks“ und wurde 1931 zum Vizepräsidenten der Deutschen Kolonialgesellschaft gewählt, die sich für den erneuten Besitz von Kolonien stark machte.

Als überzeugter Gegner der Nationalsozialisten hoffte Adenauer wie viele Zeitgenossen noch 1932, dass die Hitler-Partei durch die bürgerlich-parlamentarische Demokratie gebändigt werden könnte. Kurz nach der „Machtergreifung“ 1933 aber wurde er aus all seinen Ämtern entlassen. Er hatte sich den neuen Machthabern verweigert, bei einem Besuch in Köln Hitler nicht persönlich begrüßt und zudem Hakenkreuzfahnen entfernen lassen. Daraufhin wurde er schikaniert, bedroht und mehrmals inhaftiert.

Mit Kriegsende widmete sich Konrad Adenauer auf vielen Ebenen dem demokratischen Wiederaufbau Westdeutschlands: als langjähriger Parteivorsitzender der CDU, als Präsident des Parlamentarischen Rates, der das Grundgesetz hervorbrachte, und schließlich als erster Bundeskanzler. In diesem Amt drängte er innenpolitisch auf die Festigung demokratischer Grundwerte wie Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, den Aufbau von Sozialstaat und Marktwirtschaft und den Kampf gegen den Kommunismus. Außenpolitisch band er die Bundesrepublik an den demokratischen Westen und engagierte sich für eine Aussöhnung mit Frankreich, Israel und anderen Nachbarländern. Bis heute gilt er als einer der Gründerväter der Europäischen Union.

Mit seinem Politikstil als starker Patriarch kam Adenauer der Sehnsucht vieler Bürgerinnen und Bürger nach Stabilität nach, die nach dem Weltkrieg weit verbreitet war. Zugleich zeigt sich darin das Weiterwirken konservativer Mentalitätslinien aus der Weimarer Zeit. Gegenüber ehemaligen Nationalsozialisten setzte er auf eine Mischung aus Pragmatismus und Abgrenzung: „Schuldige“ sollten bestraft, „Mitläufer“ aber eingebunden werden. Seine im Grundgesetz angelegte Richtlinienkompetenz als Regierungschef nutzt er wie kein Bundeskanzler nach ihm. Auch ließ er zu, dass ihm gesetzeswidrig beschaffte nachrichtendienstliche Informationen – über politische Kontrahenten genauso wie Verbündete – zugetragen wurden, und nutzte dieses Wissen, um seine politische Stellung zu festigen. Die Stabilität der jungen Bundesrepublik stand ihm an höchster Stelle.

In seinen 14 Jahren als Bundeskanzler gab Konrad Adenauer den Kurs der nächsten Jahrzehnte vor und prägte eine ganze Ära. Sie zeichnete sich durch einen demokratischen und freiheitlichen Aufbruch aus, der deutlich konservativ geprägt war.

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