Das Notaufnahmelager Gießen diente zwischen 1945 und 1989/90 als zentrale Erstaufnahmeeinrichtung für SBZ- und DDR-Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland. Es galt für viele Ankommende als ein „Tor zur Freiheit“.
Das Notaufnahmelager am Meisenbornweg in Gießen ist ein authentischer Ort von nationaler Bedeutung. Es war deutschlandweit die älteste und einzige seit 1945 bis 1989/90 ununterbrochen arbeitende Aufnahmeeinrichtung für insgesamt rund 900.000 Geflüchtete und Ausreisende aus der SBZ und der DDR. Hier kamen ein Großteil der 33.000 durch die Bundesrepublik freigekauften politischen Häftlinge aus der DDR im Westen an. Nach der Wiedervereinigung blieb es in Betrieb und beherbergte als „Hessische Erstaufnahmerichtung“ Flüchtlinge und Asylsuchende aus allen Teilen der Welt. So repräsentiert das Notaufnahmelager Gießen epochenübergreifend den Weg von Menschen in die Freiheit. Für die hier Ankommenden begannen die ersten Schritte eines Lebens unter den Bedingungen der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Damit markiert das Notaufnahmelager erinnerungskulturell sowohl einen Ort der Diktaturaufarbeitung als auch einen positiven Ort der deutschen Demokratiegeschichte.
Unter der Fachaufsicht der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung wurde zwischen 2020 und Juni 2025 auf dem Gelände des ehemaligen Notaufnahmelagers in ressortübergreifender Zusammenarbeit und mit Mitteln des Landes Hessen und der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien die erste landeseigene Gedenkstätte in Hessen errichtet.
Der Lern- und Erinnerungsort wurde am 17. Juni 2025 eröffnet. Er dokumentiert und vermittelt die Geschichte des Notaufnahmelagers Gießen und der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge zwischen 1945 und 2018. Zum Angebot gehören unter anderem eine innovative Dauerausstellung, ein umfangreiches Seminar- und Workshopangebot für Schulen, ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm sowie ein Zeitzeugenstudio, in dem persönliche Erinnerungen und Lebensgeschichten aufgezeichnet werden.
