Berthold Werner, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Adresse

Peter-Altmeier-Allee 9
55116 Mainz

Mehr zum Thema

M. Matheus / G.P. Karn (Hrsg.): Das Mainzer Bürgertum im Schloss. Transformation einer kurfürstlichen Residenz. Oppenheim, Nünnerich-Asmus-Verlag 2024.

Kurfürstliches Schloss

Mainz

Das Kurfürstliche Schloss zu Mainz, ein Residenz- und Repräsentationsbau eines der herausragenden Landesfürsten und Vertreter des Alten Reiches, hat es auch eine spannende bürgerliche Geschichte und wichtige Bedeutung für die moderne Demokratiegeschichte.


Das Kurfürstliche Schloss zu Mainz wurde im 17. und 18. Jahrhundert erbaut. Ein wichtiger Wendepunkt von der Nutzung als adelige Residenz hin zu einer bürgerlichen Nutzung markiert die Gründung des Mainzer Jakobinerclubs am 23. Oktober 1792 im Akademiesaal des Kurfürstlichen Schlosses.

Französische Revolutionstruppen unter General Adam-Philippe de Custine hatten am 21. Oktober 1792 die Stadt Mainz sowie weite Teile der Pfalz und des späteren Rheinhessens erobert. In den besetzten Gebieten fanden im Geiste der Französischen Revolution erstmals "Volkswahlen" statt, bei denen neue Gemeindeverwaltungen und eine verfassunggebende Versammlung gewählt wurden. Das aktive Wahlrecht stand allen über 21-jährigen selbstständigen Männern zu, war aber mit der Eidleistung auf Freiheit und Gleichheit verbunden.

Nur zwei Tage nach der Eroberung der Stadt gründete sich der Mainzer Jakobinerklub nach dem Vorbild der seit 1789 im Pariser Jakobinerkloster tagenden französischen Gesellschaft der Freunde der Verfassung. Mit nahezu 500 Mitgliedern zählte die Mainzer „Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit“ zu den zahlenmäßig größten Vereinigungen seiner Art während der französischen Besetzung Südwestdeutschlands und gab durch seine zum Teil prominenten Mitglieder und Redner (darunter auch Georg Forster) in der nur kurzlebigen Mainzer Republik entscheidende Impulse. Mit der Rückeroberung der Stadt Mainz durch preußische und österreichische Truppen endete die Mainzer Republik bereits im Juli 1793.

Die Verortung der Mainzer Republik als Teil der deutschen Demokratiegeschichte war lange umstritten. Deutungsversuche reichten von euphorischer Verklärung durch die Zeitgenossen, über eine deutsch-nationale Distanzierung gegenüber dem französischen Revolutionsexport, der Vereinnahmung durch die DDR-Historiographie bis hin zur Zurückweisung jeglicher frühdemokratischer Elemente. Allmählich hat sich die Deutung als "Französischer Revolutionsexport und Demokratieversuch" (Franz Dumont) durchgesetzt, wobei dieser nicht mit den Maßstäben unseres heutigen Demokratieverständnisses gemessen werden kann.  Heute ist die Mainzer Republik Teil der landes- und bundespolitischen Erinnerungskultur, und die Episode wird als Versuch der Etablierung einer neuen politischen Kultur anerkannt.

Seit der Mainzer Republik hat sich die demokratiehistorische Nutzungsgeschichte des Mainzer Schlosses in facettenreichen Formaten etabliert. Dazu zählen Versammlungen und Gründungen bürgerlicher Vereine im Vormärz und der 1848er-Revolution, der Turnerbewegung und Festen im Kontext der Mainzer Fastnacht, deren wohl bekannteste Sitzung „Mainz bleibt Mainz“ bis zum heutigen Tag im Schloss ihre Bühne findet. Auch die erste moderne deutsche Gewerkschaftsorganisation, die „Nationale-Buchdrucker-Versammlung“, wurde 1848 im Schloss gegründet. Nicht zuletzt wurde das ehemalige Kurfürstliche Schloss mit einer zunehmend bürgerlichen Nutzung auch zum öffentlichen Raum für Kunst- und Kulturvermittlung. Das Mainzer Gutenberg-Museum wie auch das berühmte Römisch-Germanische-Zentralmuseum nahmen in den Räumen des Mainzer Schlosses einst ihren Anfang. Nicht ohne Grund bezeichnen die Mainzerinnen und Mainzer augenzwinkernd, aber durchaus mit klarem Bewusstsein für die bürgerlichen Nutzungs- und identitätsstiftenden Potentiale die ehemalige kurfürstliche Residenz als ihre „Gud Stubb“ (Gute Stube).

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Peter-Altmeier-Allee 9
55116 Mainz

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M. Matheus / G.P. Karn (Hrsg.): Das Mainzer Bürgertum im Schloss. Transformation einer kurfürstlichen Residenz. Oppenheim, Nünnerich-Asmus-Verlag 2024.