Andrew Bossi, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.5

Versöhnungskirche Dachau

Am 4. April 1980, einem Karfreitag, traten zwölf Sinti in der Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau bei München in einen Hungerstreik und fordern u.a. die offizielle Anerkennung des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma. Der Hungerstreik endete am 12. April 1980 mit einem Kompromiss.


Die junge Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma in Deutschland versuchte seit 1972, auf die fortwährende Diskriminierung aufmerksam zu machen – ohne Erfolg. Deshalb entschieden sich zwölf Sinti 1980, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen und wählten als radikale Protestform den Hungerstreik. Ihre Hauptforderungen waren die offizielle Anerkennung des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma, der bis dahin negiert wurde, sowie die Beendigung der polizeilichen Sondererfassung von Sinti und Roma, wie sie in Bayern in den 1970er Jahren noch üblich war und eine starke Kontinuität zur NS-Zeit darstellte.

Sprecher der Streikenden ist der 33 Jahre alte Sinto Romani Rose. Vier Streikende sind KZ-Überlebende, was dem Protest ein besonderes Gewicht verleiht. Er wird zu einem Medienereignis, was auch an dem Ort liegt, der Versöhnungskirche auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau, das inzwischen KZ-Gedenkstätte ist.  Zum ersten Mal erleben Sinti und Roma im Nachkriegsdeutschland eine Welle öffentlicher Solidarität: Bürgerinnen und Bürger, Politikerinnen und Politiker stellen sich hinter die Streikenden. Prominente wie der Schriftsteller Heinrich Böll solidarisieren sich mit ihnen.

Nach einigen Tagen in der Versöhnungskirche waren einige der Streikenden bereits am Rande des körperlichen Zusammenbruchs, gaben aber den Hungerstreik nicht auf. Auf Vermittlung der evangelischen Kirche wurde Romani Rose in das bayerische Innenministerium eingeladen. Nach siebenstündiger Diskussion wurde dort ein Kompromiss gefunden. Am 12. April 1980 endete der Hungerstreik in der Versöhnungskirche mit dem Besuch des Bundesjustizministers Hans-Jochen Vogel, der den Sinti und Roma Rückendeckung zusagte. Auch die bayerische Landesregierung bekräftigte, Diskriminierungen gegenüber Sinti und Roma zukünftig abbauen zu wollen.

In Zusammenarbeit mit: Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.

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